Rezension: King of Tokyo

Wer kennt sie nicht, die großen Monsterfilme der Vergangenheit? “King Kong” oder “Godzilla” sind feste Bestandteile der Film- und Kinokultur. Was liegt also näher, als diesen  zerstörerischen aber tief im Innern auch gutherzigen  Giganten ein Brettspiel zu widmen? Das hat sich wohl auch “Richard Garfield” gedacht, als er das Spiel “King of Tokyo” entwickelte. Ob Garfield, bekannt durch so bedeutsame Spiele wie “Magic the Gathering” und “RoboRally”, auch mit “King of Tokyo” einen zukünftigen Spieleklassiker geschaffen hat, bleibt abzuwarten -  Das Potential des schnellen Würfelspiels werden wir nun etwas näher beleuchten.

Jeder der 2-6 Spieler schlüpft in die Rolle eines Monsters, das nur ein Ziel hat: Das gefährlichste und zerstörerischste Monster in und um Tokyo zu sein. Um dieses Ziel zu erreichen, versucht man entweder als Erster 20 Siegpunkte zu erreichen oder das letzte überlebende Monster der Runde zu sein. Reihum werden (in der Regel) 6 übergrosse Würfel geworfen, welche je nach gewürfelter Seite Zahlen, Herzen, Blitze und Tatzen zeigen. Man darf, wie beim klassischen “Kniffel” bis zu 2 Mal nachwürfeln. Wirft man mindestens 3 gleiche Zahlen, erhält man direkt Siegpunkte, würfelt man Herzen, heilt man seinen Charakter. Blitze geben einem “Energiebroken” (die Währung in “King of Tokyo”) und das Tatzensymbol lässt einen schliesslich Schaden an den gegnerischen Monstern machen. Mit den erwähnten Energiebrocken kann man am Ende seiner Runde noch Sonderfähigkeiten in Kartenform kaufen. Und das, ja das war es eigentlich schon – Aber nur eigentlich: Denn eine Komponente des Spiels ist, so unscheinbar und  klein sie doch daher kommt, unglaublich wichtig für dieses Spiel: Das Spielbrett. Das Brett dieses Spiels könnte in die Geschichte der Brettspiele als “simpelstes Spielbrett aller Zeiten” eingehen, denn es besitzt ganze 2 Felder. Und damit es nicht zu unübersichtlich wird, wird im Spiel mit 2-4 Spielern sogar nur eines dieser beiden Felder benutzt.

 Das simpelste Spielbrett aller Zeiten

Dieses eine Feld repräsentiert Tokyo. Der Clou dieses Spiels ist, dass sich immer nur genau ein Monster in Tokyo befinden kann. Das Monster in Tokyo verteilt Schaden an alle Monster ausserhalb von Tokyo, und die Monster ausserhalb von Tokyo verteilen Schaden an das Monster in Tokyo. Man kann sich vorstellen, dass man innerhalb von Tokyo besonders viel Schaden erhält, da man ja von jedem anderen Spieler “Haue” kassiert. Um diesen Effekt noch zu verstärken besagen die Regeln, dass man sich innerhalb von Tokyo nicht heilen darf. Aus diesen Gründen bekommt man, wenn man es eine ganze Runde in Tokyo ausgehalten hat, eine besondere Belohnung in Form von 2 Siegpunkten. Wenn man merkt, dass die Lebenspunkte knapp werden (ein kerngesundes Monster hat ohne Verstärkungen 10 Lebenspunkte) kann man sich dazu entscheiden aus Tokyo zu fliehen. In dem Fall, hält das Monster, das den letzten Schaden bei dem Flüchtenden verursacht hat, Einzug nach Tokyo. Dieses Spielprinzip ist so einfach wie genial. Automatisch gibt es ein ständiges Raus und Rein aus und nach Tokyo und in nahezu jeder Runde scheint ein Anderer dem Sieg nahe zu sein, nur um dann mit nur noch wenigen Lebenspunkten aus Tokyo zu fliehen. Provoziert man sein Glück zu lange fallen die Lebenspunkte schnell auf 0 und man scheidet aus dem Spiel aus. Doch selbst das ist nicht allzu schlimm, denn eine Runde “King of Tokyo” dauert nur selten länger als 20 Minuten.

Vor dem Spieler sind alle Monster gleich

Die nötige Variation erhält das Spiel durch Fähigkeiten in Form von Karten, die mit Hilfe von “Energiebrocken” erworben werden können. Einige Karten haben einen einmaligen Effekt, andere werden vor dem Spieler platziert und gelten ab diesem Zeitpunkt dauerhaft. Die Karten sind sehr abwechslungsreich und wunderschön illustriert. Auch an witzigen, thematischen Kartennamen  mangelt es nicht. Ausserdem sind diese Karten die einzige Möglichkeit ein Monster zu “personalisieren”, denn in ihrer Grundform, also  zu Beginn des Spiels, unterscheiden sich die verschiedenen Schreckensbringer Tokyos nur durch ihr (zugegebenermaßen sehr cooles) Aussehen. Dieses “Manko” soll durch die erste Erweiterung “King of Tokyo – Powerup” behoben werden. Hier bekommt dann “KillerBunny” auch passende “KillerBunny”-Fähigkeiten.

 Austeilen ist oberste Monsterpflicht!

Wie schon erwähnt ist das Spiel schnell und (in der entsprechenden Runde) brutal. Zwar kann man auch versuchen sich aus den Kämpfen herauszuhalten und nur durch “Punktewürfel” genügend Siegpunkte zu erreichen, jedoch ist das weder sehr erfolgsversprechend, noch dem Spiel zuträglich. Besonders viel Spass kommt auf, wenn man sich fleissig “auf die Omme” gibt.

 Ein Spiel für Glücksritter monster

Der Glücksfaktor ist bei “King of Tokyo” hoch, dennoch hat der Spieler einige wichtige Entscheidungen zu treffen. Bleibe ich nach Tokyo? Will ich grade Schaden machen oder mich doch lieber heilen? Lohnt es sich Energiebrocken zu sammeln um Fähigkeiten kaufen zu können? Doch auch der beste Plan nutzt nichts, wenn die Würfel nicht so fallen wollen wie man es gerne hätte: Daher sei allen Hardcore-Strategen und Pro-Taktikern bereits jetzt gesagt: Lasst die Finger davon! Hier gewinnt nur der Spieler der auch das nötige Würfelglück hat.

 Klasse statt Masse

Wie bereits erwähnt ist die Ausstattung des Spiels nicht grade üppig aber qualitativ hochwertig und grafisch sehr gelungen. Die Karten sind von guter Qualität, die Auswahl an Monstern recht hoch, die Würfel sind hervorragend geprägt und außergewöhnlich gross. Die Marker sind hübsch und die Illustrationen höchst sehenswert.

 

FAZIT:

“King of Tokyo” ist kurz und knackig und vor allem sehr unterhaltsam. Ich liebe die schnellen Kämpfe zwischen den Spielern und dem, der sich aus Tokyo zurück zieht, ist der Hohn und Spott seiner Mitspieler  gewiss.  Grölen und lautes Lachen sind die vorherrschenden Laute während des Spiels. Für mich ist “King of Tokyo” auf jeden Fall ein Spiel, das das Zeug zum “Klassiker” hat, aber keines mit dem sich ein ganzer Abend füllen lässt. Es eignet sich eher als Einstieg oder Ausklang vor bzw. nach etwas Großem oder als kurzes Spiel “zwischen Tür und Angel”. Der sehr hohe Glücksfaktor und die Möglichkeit Spieler aus dem Spiel zu eliminieren sind zusammen aber nur erträglich, weil das Spiel eine so kurze Spielzeit hat. Die Produktion ist über jeden Zweifel erhaben und das Spielgefühl ist, trotz des Recyclings altbekannter Spielmechaniken, erfrischend anders. Besonders Schade ist, dass die Monster weder individuelle Eigenschaften haben noch “Startfähigkeiten”, die sie voneinander unterscheiden. Es macht einfach keinen Unterschied, ob ich der “King” oder das “Killerbunny” bin. Das sich dies ab der ersten Erweiterung ändern soll ist aber ein hinreichend grosses Trostpflaster. Jedem, der sich damit abfinden kann, dass sein Würfelpech ihn innerhalb kurzer Zeit in die Monsterhölle verfrachten kann (ohne jede Chance dies zu verhindern) sei diese Box sehr an das Spielerherz gelegt.

 

 

PROS:

- Schnell und einfach

- Hervorragende Qualität des Spielmaterials

- Kaum Wartezeit während die Anderen am Zug sind

- Das Gefühl wichtige Entscheidungen treffen zu können

- Cooles Artwork

- Schöne und gut eingeteilte Spielschachtel

- Bis zu 6 Spieler

 

CONS:

- Sehr glücksabhängig

- Spieler die können ausscheiden und müssen dann warten

- Zu Zweit nicht so besonders

- Alle Monster (Spielercharaktere) sind gleich

 

WERTUNG:

Spass 8/10

Komplexität 4/10

Strategie/Taktik: 5/10

Glück:   8/10

Umfang: 5/10

Produktion: 9/10

 

GESAMT: 8/10

 

Eckdaten:

Autor: Richard Garfield

Verlage/Vertrieb: iello; Heidelberger Spieleverlag

Spieleranzahl: 2-6

Dauer: 30 Minuten

Alter: ab 8 Jahren

Kooperativ? Nein

Karten? Ja

Spielbrett? Ja

Würfel? Ja

Miniaturen? Nein